Urgeschichtliche Höhensiedlung Dietenberg

ID: VOLI-63312-01; Bezirk: Voitsberg; Gemeinde: Ligist; KG: Grabenwarth; Gst. Nr.: 269/1, 271, 281/6, 307/2; Flur: Dietenberg; Maßnahmennummer: 63312.13.01

 

Grabungsbericht 2013
Christoph Gutjahr, Johanna Kraschitzer

Bedingt durch die Anlage eines neuen Wasserspeichers des Wasserverbands Söding-Lieboch fand im Bereich der denkmalgeschützten urgeschichtlichen Höhensiedlung Dietenberg (Steiermark, PB/VB Voitsberg, Gem. Ligist, KG Grabenwarth, Gst. Nr. 281/6) ein großflächiger Oberbodenabtrag statt (Maßnahmennr. 63312.13.01). Zwei Suchschnitte in diesem Bereich, die am 12.04.2012 unter archäologischer Beobachtung (Johanna Kraschitzer) angelegt worden waren, hatten La Téne-zeitliche und ältere Keramik aber keine relevanten Strukturen erbracht.
Die Fläche, auf welcher der Neubau des Wasserspeichers erfolgt, gliedert sich in einen vor Jahrzehnten angelegten annähernd West-Ost verlaufenden Schotterweg und einen nördlich daran anschließenden steilen Abhang. Dieser läuft in einer Nordwest-Südost verlaufenden Terrasse aus, die an ihrer breitesten Stelle ungefähr 10 Meter misst und im Nordosten durch einen steilen Abhang zur Kainach begrenzt wird. Abhang und Terrasse waren vor Baubeginn von einem dichten Hochwald bestanden.
Der Beginn des Oberbodenabtrags mit dem Bagger war für 06.05.2013 avisiert. Durch einen Kommunikationsfehler der ausführenden Baufirma wurde am 18.04. mit der Aufstellung eines Bauzaunes an der nordöstlichen Kante der Terrasse begonnen, der einen Materialabgang über den Abhang zur Kainach verhindern sollte. Bei diesen Arbeiten wurde am nordwestlichen Ende der Terrasse bis zu einem Meter Material unbeaufsichtigt abgetragen, am südöstlichen Ende waren es bis zu 0,50 m. Über den Abhang zum höher gelegenen Schotterweg wurde eine Zufahrt für den Bagger angelegt. Die Baggerarbeiten wurden mit dem Bemerken des Fehlers umgehend eingestellt.
Bei einer Begehung am 22.04. im Beisein der Bauleitung, des Bauträgers und Mag.a Johanna Kraschitzer (Inhaberin der Grabungsbewilligung) wurde ein massiver Materialabtrag im Bereich der Terrasse festgestellt. Hier war auch in historische, fundführende Schichten eingegriffen worden. Nachdem eine vom Bagger und vom Ausfräsen der Wurzelstöcke stark durchwühlte und vermischte Erdschicht mit dem Böschungslöffel abgetragen wurde, waren mehrere großflächige Verfärbungen sichtbar. In diese war massiv prähistorische Keramik eingebettet. In weiterer Folge wurde mit dem Bagger unter Aufsicht von Mag.a J. Kraschitzer der im Bereich des Abhanges zwischen Schotterweg und Terrasse nach dem Ausfräsen der Wurzelstöcke noch verbliebene Boden bis auf die Verwitterungsschicht des Felsens abgetragen. Hier fanden sich einige Keramikscherben, aber keine archäologisch relevanten Strukturen. Auch an der höchsten Stelle der Baufläche – beidseitig des Schotterweges – war das Erdmaterial bei dessen Anlage offenbar so gründlich durchwühlt worden, dass sich zwar Keramik, aber keine originalen Strukturen nachweisen ließen. Der Schotterkörper des Weges selbst war auf den anstehenden Fels aufgebracht.
Diese Beobachtungen machten eine archäologische Grabung im Bereich der Terrasse unumgänglich. Die Ausführung wurde vom Verein St:WUK-Kulturpark Hengist (Hauptplatz 61, 8410 Wildon,
Grabungsleiter: Mag. Dr. Christoph Gutjahr) übernommen und zwischen 29.04. und 18.05.2013 durchgeführt.
Im Zuge der Ausgrabung konnte im nordwestlichen Teil der Grabungsfläche ein annähernd nordwest-südost verlaufender Graben (Obj. 2) festgestellt werden. Dieser ist – nachdem seine Verfüllung sowohl verziegelten Lehm als auch Holzkohle enthielt – als anthropogen anzusehen, zu seiner Funktion kann allerdings keine Aussage getroffen werden. Der einzige weitere deutlich als durch Menschenhand entstanden anzusprechende Befund ist ein einzelnes Pfostenloch (Obj. 10) in der südöstlichen Hälfte der Grabungsfläche. Seine Oberkante mit den dazugehörigen Schichten wurde allerdings im Zuge der unbeobachteten Baggerarbeiten am 18.04. abgetragen.
Bei allen anderen ergrabenen stratigrafischen Einheiten handelt es sich um Schichten von bis zu 0,70 m Mächtigkeit, die als Planierschichten für eine Terrassierung anzusprechen sind. Diese Schichten enthielten große Mengen an Keramik, aber kaum Metall- oder Steinobjekte und auch nur wenige Tierknochen. Durch Flotation konnten aus dem abgetragenen Erdmaterial Getreidekörner gewonnen werden. Nutzungs- bzw. Begehungshorizonte konnten nicht nachgewiesen werden, was eventuell mit dem Niveauverlust von bis zu einem Meter vor Beginn der Ausgrabung erklärbar ist. Das geborgene, ausgesprochen umfangreiche Keramikmaterial datiert von der La-Téne-Zeit zurück über Urnenfelderzeit/Hallstatt bis ins Neolithikum (frühes 3. Jahrtausend v. Chr.). Besonders hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang auf zwei Schneppenkannenfragmente (Laugen B, etwa 1000 800 v. Chr.). Römische, spätantike und mittelalterliche Keramik konnte im Fundmaterial nicht nachgewiesen werden.
Das Fundmaterial wurde vom Kulturpark Hengist gereinigt, sortiert und verpackt. Es verbleibt beim Wasserverband Söding-Lieboch.

 

Seite geändert am: 31.03.2020