Grabungsbericht 2018

Christoph Gutjahr, Maria Mandl
Bezirk: Graz-West; Gemeinde: Graz; KG: Gries; Gst. Nr.: 486/2; Flur: ehemalige Kaserne Dominikanergasse, MNr.: 63105.18.03; Durchführungszeitraum: 09.10.2018–15.10.2018
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Archäologische Grabung ehemalige Dominikanerkaserne Graz, Grenadiergasse 14
Im Rahmen der Revitalisierung der zuletzt als Landesschülerheim geführten ehemaligen Neuen Dominikanerkaserne durch die Grenadiergasse 14 GmbH haben in den Jahren 2015 und 2016 bereits drei archäologische Ausgrabungen im und um das denkmalgeschützte Gebäude stattgefunden (siehe FÖ 55, 2016, D6727–D6764).
In der nun abschließenden Maßnahme untersuchte der Verein „Kulturpark Hengist“ (Grabungsleitung: Christoph Gutjahr) im Oktober 2018 eine Fläche von ca. 120 m² zwischen der Hofmauer und dem bereits befundfreien Areal. Dabei wurde wie schon in den beiden Kampagnen von 2016 ein Kalkbecken freigelegt. Es handelt sich diesbezüglich um ein Becken mit zwei Kammern (Objekte 12 und 13), in dem der gelöschte Kalk für die spätere Weiterverarbeitung gelagert wurde. Sowohl die Wände als auch die Böden bestanden aus vermutlich zum größten Teil wiederverwendeten Ziegeln. Bei einer Gesamtlänge von 10,40 m (Objekt 12: 4,60 m; Objekt 13: 5,80 m) und einer Breite von 4,80 m hat es dieselben Maße wie das knapp 5,00 m westlich gelegene Becken.

Beide Objekte befinden sich auf derselben Höhe und orientieren sich mit ihren Längsseiten exakt an der Ausrichtung der östlichen Kasernenfront. Die Mauerstärke betrug durchschnittlich 0,28 m und ergab sich aus der Länge der verwendeten Ziegel. Diese wurden entlang ihrer Flachseite verlegt, den Abschluss der Becken bildeten hochkant gestellte Ziegel. Bei einer Tiefe von 2 m betrug das Fassungsvermögen beider Kammern zusammen gut 77 000 l. Reste des gelöschten Kalks befanden sich teilweise flächendeckend an Wand und Boden, in denen unter anderem der Abdruck einer nicht mehr erhaltenen Holzkonstruktion an der westlichen Wand in Objekt 13 sichtbar war. Die Bretter dienten entweder der Unterteilung in kleinere Einheiten oder der Stabilisierung. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wurde der hier gelagerte Kalk für die Errichtung der Neuen Dominikanerkaserne benötigt. Nach Beendigung der Baumaßnahme verfüllte man die nun funktionslos gewordenen Becken mit Bauschutt und Hausrat. Eine nähere Untersuchung der Funde steht noch aus, doch ist davon auszugehen, dass das Material wie jenes aus der Verfüllschicht des ersten freigelegten Beckens dem 18. und dem beginnenden 19. Jh. zuzuordnen ist. Entsorgt wurden auch Architekturteile wie z. B. das Bruchstück einer Balustrade, die man am ehesten mit dem ehemaligen Klostergarten in Verbindung bringen kann, auf dem später die Neue Dominikanerkaserne errichtet wurde. Neben der großen Menge an Gefäßkeramik fanden sich interessanterweise auch zwei Feuersteine von Steinschlosswaffen, mehrere Tabakpfeifenfragmente, bearbeitete Tieknochen und ein kleines Kuriosum in Form von Pfotenabdrücken auf einem Ziegel.

Die ursprüngliche Hofpflasterung aus Flussgeschiebe (Objekt 11; SE 120) war nur mehr rudimentär in der nördlichen Grabungsfläche nachweisbar. Östlich des Doppelbeckens wurden die Fundamentmauern (Objekt 9, SE 118) des ehemaligen Wärter- bzw. Portierhäuschens der Kaserne freigelegt.

Die Funde aus der Grenadiergasse stellen eine Bereicherung unserer Kenntnis alltäglicher Sachkultur der späten Neuzeit dar, da es aus Graz kaum derart umfassende Fundkomplexe aus der Zeit des 18./beginnenden 19. Jahrhunderts gibt. Die Ausrichtung und Anordnung der Kalkbecken weist auf die exakte Planung des Großbauprojektes durch die k. und k. Baumeister hin, in die augenscheinlich auch schon die Baustelleneinrichtung miteinbezogen wurde.

 

Seite geändert am 24.03.2020