Grabungsberichte 2022 bis 2025

Christoph Gutjahr, Maria Mandl
ID: LBWI-66429-11; Bezirk: Leibnitz; Gemeinde: Wildon; KG: Unterhaus; Grst. Nr. 10/2, 16/1, 354/1; Flur: Wildoner Schlossberg

siehe auch unter:

 

Untersuchung 2025

MNr. 66429.25.01; Durchführungszeitraum: 02.06.2025–

 

Untersuchung 2024    

MNr. 66429.24.01; Durchführungszeitraum: 29.04.2024–04.12.2024

Zusammenfassung
Im Zuge der Untersuchungen bei der Burgstelle Hengst konnte der Abschnitt einer weiteren Mauerstruktur (Mauer 4) dokumentiert werden, die an den bereits in den beiden vorangegangenen Kampagnen freigelegten Resten eines quadratischen Turmes (9 x 9 m) anlief. Dabei handelte es sich entweder um einen zur Burg gehörenden Bauteil oder um eine Wehr- bzw. Stichmauer. Die „beigabenlose“ Bestattung (Obj. 8) eines Mannes aus der älteren oder mittleren Stufe der Urnenfelderzeit (Ha A1/A2) am nördlichen Terrassenrand war überraschend und ist bisher singulär im Bereich der Burgstelle respektive am Wildoner Schlossberg. Der durch den Graben südöstlich des Turms gezogene Schnitt 12 zeigte, dass das Gelände nach der Aufgabe der Burg an dieser Stelle durch das Aufschütten von Erd- und Steinmaterial wesentlich verändert wurde. Ob damit ein bestimmter Zweck verbunden war oder im Zuge des modernen Straßenbaus lediglich Material abgelagert wurde, ist bisher nicht geklärt. Anhand des zwar durchwegs verlagerten, aber in großer Menge vorliegenden mittelalterlichen Keramikmaterials ist die Existenz der Wehranlage im Zeitraum von Mitte des 13. bis Anfang des 15. Jahrhunderts gut zu begründen. Zahlreiche älterhallstattzeitliche Keramikfunde legen eine prähistorische Nutzung des Areals nahe, stammen aber ausschließlich aus verlagertem Material und aus Schuttschichten. Ein südwestlich des Turmes freigelegter Kalkbrennofen (Obj. 13) wurde höchstwahrscheinlich mit Mauersteinen aus der zur Ruine verkommenen Burg beschickt.

Bericht
Auf einem Kupferstich von Georg Matthäus Vischer sind vier Burgbauten dargestellt, unter ihnen der oberhalb der Pfarrkirche St. Magdalena im Markt Wildon gelegene kleine Wehrbau, der zur Sicherung des Zugangs auf das Schlossbergplateau diente. Auf der Abbildung ist die Anlage als Ruine ohne Dach zu sehen. Der Turm (Obj. 2) stand bisher im Mittelpunkt der Untersuchungen (Gutjahr und Mandl 2023, 15–16). Der quadratische Bau (9 x 9 m) war großteils lediglich anhand der Ausrissgräben rekonstruierbar, nur die Nordostecke des Turms ist in mehreren Steinlagen erhalten geblieben. Auch die 2023 untersuchte Fundamentmauer (Schnitt 10, Mauer 2, SE 29) derOstseite war größtenteils bis auf den letzten Stein abgetragen worden. Auf Basis der bisherigen Untersuchungenwar man davon ausgegangen, dass es sich bei dem Turm um einen freistehenden Baukörper handelte. Im Zuge der Ausgrabungen 2024 stellte sich jedoch heraus, dass an der Nordwestecke, leicht nach Osten versetzt, eine Mauer (Mauer 4, SE 112) anbindet. Die Nord-Süd orientierte Bruchsteinmauer war nur in wenigen Lagen erhalten und im Bereich des Turms nur indirekt in Form eines Ausrissgrabens nachweisbar. Die 1,50 m breite Struktur wurde auf einer Länge von knapp acht Metern bis zur Schnittgrenze (Schnitt 17) dokumentiert. 2023 wurde im Zuge einer archäologischen Untersuchung an der Nordostseite des Wildoner Schlossberges unter anderem der Abschnitt einer von der Burgstelle Ful in den Markt Wildon verlaufenden Stichmauer freigelegt. Die Mauer bei Hengst könnte das westliche Pendant darstellen, wobei die Mauer von Ful allerdings nur eine Stärke von einem Meter aufwies. Die Entstehung der sehr fundreichen Schichten SE 19, 113 und 114 an der Innenseite der westlichen Turmmauer und an der Ostseite der Mauer 4 ist wohl im Zusammenhang mit dem Steinraub zu sehen, wodurch die Ruine nach 1700 fast zur Gänze abgetragen wurde. Die Funde, die sich hauptsächlich aus Keramikfragmenten der zweiten Hälfte des 13. und des 14. Jahrhunderts sowie wenigen prähistorischen zusammensetzen, kamen dabei auf Höhe der letzten Lagen des Mauerfundaments zum Vorschein. Nördlich des Turms wurde am Rand der Terrasse eine unregelmäßige Grube (Obj. 8, SE 84/85 IF) aufgedeckt, die ausschließlich kalzinierte Knochenfragmente enthielt. Die anthropologische Auswertung ergab, dass der Leichenbrand (1950 g) von einem 41- bis 60-jährigen Mann stammt (Anthropologische Auswertung von Dr. Silvia Renhart (Hallersdorf) vom 11.11.2024). Die Radiokarbondatierung eines Knochenfragments weist die Bestattung in die ältere oder mittlere Stufe der Urnenfelderzeit (Ha A1/A2), (1214–1016 cal BC (95,4 %) Beta Analytic Radiocarbon Dating Laboratory, Miami (Laboratory number: Beta-719853; Wildon_Hengst_Obj. 8); 2920 ±30 BP, neu kalibriert mit OxCal 4.4). Außer dem Leichenbrand konnten keine grabzugehörigen Funde gemacht werden. Weiters zeigte sich, dass das Gelände östlich des Turms verändert wurde, was vermutlich erst nach der Aufgabe der Burgstelle erfolgte. Durch das Abtragen und Aufschütten von Erd- und Steinmaterial entstand an dieser Stelle ein Nord-Süd verlaufender Graben. Die Aufschüttungsschichten bargen eine große Menge an Keramikfunden, deren zeitlicher Schwerpunkt in der zweiten Hälfte des 13. und im 14. Jahrhundert liegt. Unklar bleibt vorerst der Hintergrund zahlreicher älterhallstattzeitlicher Keramikfunde sowie einzelner Buntmetallfunde, die aus den Schuttschichten und aus verlagertem Material stammen. Da Originalbefunde fehlen, muss offenbleiben, ob der Bereich als Siedlungs- oder Bestattungsplatz genutzt wurde. Auch in den 2024 angelegten Schnitten 15 und 16 südlich und östlich der Burgstelle zeigen sich anhand der Vergesellschaftung von prähistorischen und mittelalterlichen Funden in den Schichten die oft tiefgreifenden anthropogenen Veränderungen des Geländes. Ein südwestlich des Turms freigelegter Kalkbrennofen (Obj. 13) enthielt eine große Menge unvollständig verbrannter Kalksteine. Da die Burg spätestens ab dem 18. Jhdt. als Steinbruch genutzt wurde, könnten die Steine auch unmittelbar vor Ort zu Kalk gebrannt worden sein.

Literatur 
Gutjahr/Mandl 2023: C. Gutjahr, M. Mandl, Archäologie im Kulturpark Hengist, Hengistmagazin. Zeitschrift für Archäologie, Geschichte und Kultur der Mittelsteiermark, 2/2023, 12–17.

 

Untersuchung 2023

MNr. 66429.23.03; Durchführungszeitraum: 04.05.2023–28.09.2023

 

Untersuchung 2022

MNr. 66429.22.01; Durchführungszeitraum: 16.05.2022–24.11.2022

 

 

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