ID: LBHB-66426-24 (Leibnitz.66426.2; FKat. 681-190/2); Bezirk: Leibnitz; Gemeinde: Hengsberg; KG: Schrötten; Gst. Nr.: 759/1; Flur: Leitersdorf, Gamsäcker; Fundverbleib: BDA; BDA-ObjektID: 9118, Bescheid; Zustand/Status: 1980 ungestört; 1982 total zerstört; 2001 ff.: ergraben.


Zeitstellung: römerzeitlich, wenig Spätmittelalter und Neuzeit.
Befund: Grabhügel; Grabbau; Flurensystem; Straße; Sonstiges.

 

Forschungsgeschichte:

1977 Juli 01: Mitteilung von OSR Paul Ofner an den Archäologen Dr. Erich Hudeczek, Joanneum.
1979: Kartierung durch OSR Paul Ofner.
1980 Juni: Begehung durch die Archäologen Gerald Fuchs und Diether Kramer.
1982 November 09: telefonische Meldung durch OSR Paul Ofner an das Joanneum über die Planierung des Grabhügels.
1982 November 10: Besichtigung durch die Archäologen Erich Hudeczek, Gerald Fuchs und OSR Paul Ofner.
1987: Fundstellenerhebung durch den Archäologen Dr. Gerald Fuchs.
1995 ab: Untersuchung der Fläche im Zuge der Errichtung der Koralmbahntrasse.
1995 März 03: Trassenbefliegung im Laßnitztal durch die Firma ARGIS im Auftrag des Bundesdenkmalamtes.
1997 April 02: Begehung und Fundaufsammlung durch die Firma ARGIS im Zuge des Koralmbahn Surveys.
1997 Mai: Luftbildaufnahme durch die Firma ARGIS im Auftrag der HL-AG.
2001 Februar 19: archäologische Probegrabung durch das Bundesdenkmalamt.
2001 März: archäologische Grabung im Auftrag des Bundesdenkmalamtes, Leitung: Mag. Jörg Fürnholzer, vor dem Bau der Trans-Austria-Gasleitung (TAG 3).
2001 August 03: Unterschutzstellung.
2004/2005: archäologische Untersuchung und Baubeobachtung im Zuge der Umlegung der Trans-Austria-Gasleitung (TAG 1+2) durch die Firma ARGIS.
2005 April 03: Luftbildaufnahme durch die Firma ARGIS.
2006 Oktober/November: archäologische Untersuchungen durch die Firma ARGIS im Auftrag der ÖBB-Infrastruktur Bau AG.
2014: Fundstellenerhebung im Rahmen des Projektes InterArch-Steiermark, KPH.


Lage:

Die römerzeitlichen Gräber befinden sich unmittelbar südöstlich der Villa Gamsäcker in der Ortschaft Leitersdorf. Die Gräber liegen auf der Ebene bzw. dem Talboden des Laßnitztals, heute größtenteils auf Ackerflächen. Auf der Parzelle befanden und befinden sich verschiedene römerzeitliche Bauwerke, darunter mind. 1 Tumulus, ein Grabbau, ein Flurensystem und die Straße, die in Lebring vom Mitterweg abzweigt und nach Deutschlandsberg-Hörbing verläuft, sowie kleinere Objekte (Pfostengruben).


LBHB-66426-24/1=66426.1982.1:

Schon 1977 berichtet Paul Ofner über die Gefährdung des römerzeitlichen Grabhügels in Leitersdorf. Im Jahre 1982 wurde dieser letzte am Talbodenbereich noch erhaltene Tumulus im Zuge der Grundzusammenlegung total zerstört. Bereits einen Monat vor der Meldung durch Paul Ofner im November 1982 wurde mit der Entnahme von Erdmaterial begonnen und auf die Äcker mehrerer Bauern transportiert bzw. in einen Altarm der Laßnitz geschoben. Der Tumulus hatte einen Durchmesser von 24 m, eine Höhe von ca. 4 m und außer an der Südseite einen Entnahmegraben. Bei der Besichtigung 1982 konnten noch 7–8 dislozierte Quader aus Aflenzer Kalkstein, die von einem massiven Grabeinbau stammen, und ein wenig Boden mit Mörtelestrich auf einer Geröll- Bruchsteinfundamentierung festgestellt werden. Aus einer vom Bagger verschobenen Linse der Brandschüttung wurden zwei Keramikfragmente, 3 winzige Glasfragmente und etwas Leichenbrand geborgen. Bei den Begehungen 1987 und 1997 wurden in einem Areal von ca. 20 x 20 m zahlreiche Leithakalksteine, eine Bodenverfärbung und eine unregelmäßige Kuppe beobachtet.
Ein kleinerer Grabhügel, der in der Nähe des großen lag, soll vor Jahrzehnten von Paul Ofner ausgegraben worden sein, so nach einem mündlichen Hinweis von Herrn F. Kleiner, Leitersdorf, 2005, siehe Fuchs 2006b, 305 Anm. 17.


LBHB-66426-24/2=66426.2001.1: (Fuchs 2006b; Fürnholzer 2006)

Im März 2001, nach einem Hinweis von Anton Steffan und einer Probegrabung im Februar, wurde unmittelbar östlich des zerstörten Tumulus ein bisher unbekannter und beinahe ungestörter Grabbau aus der ersten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. ergraben. Es handelte sich dabei um ein 3 x 3 m großes Brandgrab in Trockenmauertechnik mit einer Umfassungsmauer, in welchem 3 Individuen (Mann, Frau, Kind) bestattet wurden. Die gesamten Überreste der Totenverbrennung wie Tracht- und Schmuckbestandteile, Keramikgefäße und verbrannte Knochenreste deponierte man im Inneren des zentralen Baues. Darüber wurde dann der eigentliche Grabbau errichtet, von dem jedoch so gut wie nichts mehr erhalten ist. Im nördlichen Bereich befand sich ein 3,00 m breiter, seichter, U-förmiger Graben, der etwas später vermutlich als Drainage angelegt wurde. Nordwestlich des Grabes wurde noch eine Grube mit Keramikfragmenten festgestellt. Nach den Angaben von Fuchs (2006b, 325) war das frei stehende Grabmonument im 3. Jh. nur mehr eine Ruine und diente als Materialentnahmestelle. Die Reste des Grabbaues werden vor Ort erhalten bleiben. Im Herbst 2001 wurde die römerzeitliche Straßentrasse mittels Baggerschnitte in der Nähe des Grabbaues lokalisiert.
Funde Grabbau: (Abb. im Hengistmagazin)
Frauentracht: Reste zweier norisch-pannonischer Flügelfibeln; 1 Gürtelgarnitur (Gürtelbeschläge, 2 Entenbügeln und Riemenzungen); 1 Armreifen aus Bronzedraht; 1 kleiner Spiegel aus poliertem Metall. Mann: Ringgriffmesser aus Eisen (L.= 30 cm). Kind: Griffzungenmesser (L.= 10 cm).
Sonstiges: Gefäßbeigaben mit sekundären Brandspuren (Schalen, verzierte und unverzierte Töpfe in verschiedenen Größen, kleine Schälchen, Krüge, Becher, sog. Räucherkelche, größere Vorratsgefäße, Dreifußschale mit Deckel); Leichenbrand; Eisennägel; Glasfläschchen.


LBHB-66426-24/3=66426.2004.1: (siehe Fuchs 2006c)

Im Zuge der Umlegung der Trans-Austria-Gasleitung (TAG 1+2) konnte auf dieser Parzelle der Verlauf der römerzeitlichen Straße samt den Straßengräben verfolgt werden. In weiterer Folge wurde der Grabbau im nördlichen Randbereich des Arbeitsstreifens tangiert. Auf dieser Parzelle wurden noch diverse Pfostengruben, Verfärbungen und Hüttenlehm- bzw. Keramikkonzentrationen gefunden (Fuchs 2006b, 326).


LBHB-66426-24/4=66426.2006.2: (siehe JJ 2006)

Im Zuge der Realisierung der Koralmbahn wurden 2006 im Auftrag der ÖBB-Infrastruktur Bau AG auf mehreren Flächen archäologische Untersuchungen durch die Firma ARGIS vorgenommen.
Auf mehreren Parzellen (754/1; 759/1; 762/1) im Bereich der Villa und den Gräbern Gamsäcker wurden dabei römerzeitliche Gräbchen (Mächtigkeit ab Humusunterkante 0,20 bis 0,80 m) entdeckt. Eines dieser Gräbchen stört den römischen Grabbau. Das Gräbchensystem bildet ein annähernd orthogonales System, das auch zur römischen Straße fast rechtwinkelig bzw. parallel ausgerichtet ist. Nach Ausweis der Ausgräber handelt es sich um Teile eines römerzeitlichen Flurensystems.


Bibliographie:

ALFS 1988: G. Fuchs, I. Kainz, Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Projekt P 5829, Archäologische Landesaufnahme und digitaler Fundkataster für Steiermark, Projektleiter E. Hudeczek, Jahresbericht 1988, Graz 1988, 58, 74.
BDA 2001a: Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 03.08.2001 (Zl.: 39.115/16/2001), Stellung unter Denkmalschutz.
BDA 2001b: Tätigkeitsbericht (GZ.: 1.927/3/2001) = ähnlich Artikel Fürnhölzer.
BDA 2005: Schreiben vom 18.03.2005 (39.115/4/2005), Erhaltung des Grabbaues.
DB 1987: UMJ-ARCH, Datenblätter BH Leibnitz A–R, Hengsberg (G. Fuchs 1987; 1997 Kai?).
FÖ 2002: KG Schrötten, OG Hengsberg, VB Leibnitz, Leitung: Jörg Fürnholzer, FÖ 40, 2001, Wien 2002, 49 ff.
Fuchs 1980: Bericht vom Juni 1980.
Fuchs 1982: Bericht vom 10.11.1982.
Fuchs 1987: G. Fuchs, Steiermark, Verluste an Bodendenkmälern - ein Beispiel, Pro Austria Romana, 37/1987, Heft 8–10, 18 ff.
Fuchs 1998: Gerald Fuchs, Gerhard Harer, Irmengard Kainz und Klaus-Michael Schneider, Ein Modellfall für die Zusammenarbeit zwischen Planung und archäologischer Denkmalpflege am Beispiel der Koralmbahn Graz – Klagenfurt im Abschnitt Werndorf – Deutschlandsberg, FO€36, 1997, Wien 1998, 269–280 (271, 279, Plan).
Fuchs 2006a: G. Fuchs, Die Römer im Laßnitztal, Hengist Magazin 1/2006, 4–9.
Fuchs 2006b: Gerald Fuchs, Untersuchungen an der römischen Straße im Laßnitztal, Weststeiermark, FÖ 44, 2005, Wien 2006, 301–346.
Fuchs 2006c: Gerald Fuchs, KG Schrötten, OG Hengsberg, VB Leibnitz, FÖ 44, 2005, Wien 2006, 560–561.
Fürnholzer 2006: J. Fürnholzer, Ein römerzeitliches Brandgrab aus Schrötten im Laßnitztal, Hengist Magazin 1/2006, 10–13.
Fürnholzer 2007: J. Fürnholzer, Ein römerzeitliches Brandgrab aus Schrötten im Laßnitztal, FO 45, 2006, Wien 2007, 371–390.
JJ 2006: KG Schrötten, MG Hengsberg, VB Leibnitz (Leitung: Gerald Fuchs, Fa. ARGIS), Jahresberichte des Landesmuseum Joanneum, 2006.
Kramer 1981: D. Kramer, Vom Neolithikum bis zur römischen Kaiserzeit, Untersuchungen zur ältesten Besiedlungsgeschichte der Steiermark, mit besonderer Berücksichtigung der mittelsteirischen Höhensiedlungen, 3 Bde., Salzburg 1981, [maschinschriftliche phil. Dissertation], 207 s. v. Hengsberg 297.4.
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Pichler 1888: F. Pichler, Grabstaettenkarte der Steiermark, 1887/1888 (?).
UMJ-ARCH, Ortsakt BH Leibnitz Hengsberg, Nr. 19, Hengsberg-Schrötten.
UMJ-ARCH, Ortsakt BH Leibnitz Hengsberg, Nr. 19, Hengsberg-Schrötten-Leitersdorf.
UMJ-ARCH, Ortsakt BH Leibnitz Hengsberg, Nr. 19, Hengsberg-Pläne.
Urban 1984: O. Urban, Das Gräberfeld von Kapfenstein (Steiermark) und die römischen Hügelgräber in Österreich. MBV 35, München 1984, 262, St 199.