Brandflachgräbergruppe Lechner

Christoph Gutjahr, Martina Trausner
ID: LBWD-66413-15; Bezirk: Leibnitz; Gemeinde: Wildon (ehem. Gemeinde Weitendorf); KG: Kainach bei Wildon; Gst. Nr.: 354/2; 358/2; .100; Flur: bei den Herrschaftsäckern; Maßnahmennummer: 66413.12.01.
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Grabungsbericht 2012
Im Vorfeld der Errichtung eines Mietshauses für zehn Parteien in der KG Kainach bei Wildon, Gem. Weitendorf, Kainachtalstrasse 19, Grst. Nr. 354/2, 358/2 (MNr. 66413.12.01) wurden vom Verein Kulturpark Hengist die beiden oben angeführten Grundstücke archäologisch untersucht. Bei beiden Grundstücken handelte es sich um archäologische Verdachtsflächen, da in der Nähe, nördlich der vorbeiführenden Landesstraße, in den Jahren 2004 bis 2007 auf den Grst. 363/1, 365/4 und 550 im Zuge von Notgrabungskampagnen weite Teile eines spätbronze- und frühhallstattzeitlichen Gräberfeldes ergraben werden konnten. Die beiden Grst. Nr. 354/2 und 358/2 liegen unmittelbar südlich der Landesstrasse 601 (Kainachtalstraße) und südwestlich des heutigen Wildoner Friedhofs, unweit des Nordufers der Kainach, nahe der Mündung in die Mur in einem von zusedimentierten bzw. zugeschütteten Altarmen der Kainach durchzogenen Bereich.
Seitens des Grundeigentümers Karl Lechner wurde der Verein Kulturpark Hengist Anfang Juni 2012 mit dem Oberbodenabtrag bzw. allfälligen daran anschließenden archäologischen Ausgrabungstätigkeiten beauftragt. Diese wurden in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice Steiermark, dem Land Steiermark und der St:WUK (Steierische Wissenschafts-, Umwelt- und Kulturprojektträgergesellschaft) durchgeführt.
Die archäologischen Untersuchungen erfolgten am 6., 8. und 10. Juni 2012, wobei am ersten Tag der Oberboden maschinell abgetragen wurde (= Fläche 1). Generell ist festzuhalten, dass die beiden als Hausgarten bzw. Wiese genutzten Grundstücke von diversen Leitungsgräben, Sickerschächten so wie Resten ehemaliger Gartenbauten gestört waren, die jedoch keinerlei archäologische Befunde tangierten. Im nördlichen Teil des Grst. Nr. 354/2 wurden bei der Grabung zunächst in einem Abstand von 0,80 1,00 m baggerschaufelbreite, Ost-West verlaufende Sondagen angelegt und bis zum sterilen Boden geführt. Es zeigte sich, dass in diesem Bereich der holozäne Schotterboden von bis zu 0,80 m hohen Schwemmschichten überdeckt war, auf die eine max. 0,05 m starke Humusschicht (SE 1) folgte. Sämtliche Sondagen im nördlichen Teil der Untersuchungsfläche erwiesen sich als befund- und fundleer.
Der südliche Bereich der Fläche 1 wurde vollständig abgezogen. Die Schwemmschichten in diesem Bereich waren etwas geringer, an manchen Stellen, v.a. im Umfeld der Objekte/Gräber 1, 2 und 4, traten höher liegende Schotterbänke auf. Aus diesem maschinellen Abhub stammen lediglich acht verrollte prähistorische sowie neuzeitliche Keramikfragmente, außerdem rezentes Material, das wohl durch die Kanalgrabungen in den Boden kam.
Nach Abtrag des Oberbodens (SE 1) konnten schließlich vier Objekte bzw. Gräber im südlichen Bereich der zu untersuchenden Fläche 1 aufgedeckt, dokumentiert und in Holzkisten und Folienblöcken geborgen werden.
Im Südwesten der Fläche 1 kam das Objekt 1/Grab 1 zum Vorschein. Es befand sich etwa 0,40 m unter der Humusoberkante und war größtenteils in den sterilen Schotter (SE 3) und zu einem
geringen Teil in schluffigen Lehm (SE 2) eingetieft. Die rechteckige Grabgrube (SE 4, 5-IF) mit stark gerundeten Ecken war mit verschiedenartigen Gesteinen (Limonite, Sandstein, Schiefer) umstellt und barg ein doppelkonisches Gefäß, das als Leichenbrandbehältnis diente und auf einer größeren Limonitplatte stand.
Im Zuge der Bergung der Objektes 1 trat nahezu östlich anschließend das Objekt 4/Grab 4 (SE 11, 12-IF) zu Tage. Es lag nur geringfügig tiefer als das Objekt 1 und war diesem hinsichtlich Steinsetzung und Schichtinhalt sehr ähnlich. Es ist zu vermuten, dass die Position von Grab 4 bei der Grablegung von Grab 1 bekannt war und auf diese Rücksicht genommen wurde bzw. bewusst die Nähe zu Objekt 4/Grab 4 gesucht wurde. Theoretisch wäre auch eine gleichzeitige Grablegung der beiden bestatteten Personen möglich. Sowohl bei Objekt 1 als auch bei Objekt 4 waren die Grabgrubengrenzen im Boden nur sehr schwer ersichtlich, eine Überschneidung der beiden Objekte dürfte aber auf Grund der anscheinend eng um die Steinsetzungen verlaufenden Grubengrenzen ausgeschlossen sein. Objekt 4/Grab 4 enthielt ebenfalls nur eine Urne, die auf einer Sandsteinplatte stand.
Etwa acht Meter östlich der beiden Objekte/Gräber 1 u. 4 befand sich das Objekt 2 (SE 7, 8-IF), das in den sterilen Schotter (SE 3) sowie schluffigen Lehm (SE 2) eingetieft war. Erst im Zuge der Bergung konnte festgestellt werden, dass es sich um nur mehr wenige Überreste eines Grabes handelte. Eine erhaltene größere Sandsteinplatte, die von kleineren Limonitplatten und Leithakalksteinen flankiert wurde, bildete offensichtlich – analog zu den Objekten/Gräbern 1 und 4   die Bodenplatte eines zerstörten Grabes, worauf auch die – geringen – Leichenbrandreste hinwiesen.
Am nördlichsten lag das Objekt 3 (SE 9, 10-IF), etwa 6,50 m nordöstlich von Objekt 1 und 4,50 m nordwestlich von Objekt 2. Im Unterschied zu den anderen Objekten war es ausschließlich in den schluffigen Lehm (SE 2) eingetieft. Ferner differierte das Objekt/Grab 3 im Grabaufbau, insofern es keine Steinsetzung und keine steinerne Bodenplatte besaß. In der kleinen quadratischen Grabgrube (0,40 x 0,40 m) befand sich zentral die zerdrückte Urne, die mit einer quadratischen zirka 0,30 x 0,30 m großen Sandsteinplatte abgedeckt war. Die Grubenfüllung (SE 9) enthielt geringe Mengen an Holzkohleflitter und Holzkohlestückchen (max. 0,03 m) und nur vereinzelt Leichenbrand.
Die Leichenbrandanalyse ergab insgesamt fünf in den drei Gräbern bestattete Individuen (3 Erwachsene, 2 Kinder).
Nach Ausweis der Urnen datieren die einfachen Brandgräber in die ältere Hallstattzeit, was insbesondere durch die Schüssel mit langem Kegelrand nahe gelegt wird, die ihre besten Vergleiche im Gräberfeld von Statzendorf (Ha C1) findet.
Es ist zu anzunehmen, dass die 2012 neu aufgedeckten Gräber in Verbindung mit dem großen nördlich gelegenen Gräberfeldbereich stehen.
Das gesamte Erdmaterial aus den Grabgrubenfüllungen wurde von MitarbeiterInnen des Vereins Kulturpark Hengist im August 2012 geschlämmt.
Die Restaurierung der Fundstücke erfolgte von 15.10.2012 bis 15.11.2012 durch die Firma ArchaeoJedi (Am Silberberg 14, 8074 Raaba). Die anthropologische Auswertung führte Dr. Gábor Tóth durch.
Die Funde verbleiben nach Absprache mit dem Besitzer Karl Lechner auf Leihbasis beim Verein Kulturpark Hengist.

 

Seite geändert am: 26.03.2020